Themenforum Oberwiesenfeld

Erste Landung eines Zeppelins auf dem Oberwiesenfeld, 1. April 1909

Die Geschichte des Oberwiesenfelds (bis zu den Olympischen Spielen 1972)

von Michael Stephan 

Bild: Erste Landung eines Zeppelins auf dem Oberwiesenfeld, 1. April 1909

Foto: Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT3-0005

Die Besitzverhältnisse seit dem Mittelalter: das Areal des „Konradshofes“
Die Geschichte des heutigen Oberwiesenfelds reicht bis weit in die Gründungsphase der Stadt München zurück. Sie wird markant terminiert durch die berühmte Urkunde vom 14. Juni 1158, in der Kaiser Friedrich Barbarossa einen Streit zwischen dem bayerischen Herzog Heinrich dem Löwen und dem Freisinger Bischof Otto I. schlichtete.[1] Durch diese Urkunde war der Freisinger Bischof zumindest de facto bis 1240 an der Markt-, dann Stadtherrschaft in München beteiligt, bis die seit 1180 regierenden Wittelsbacher Herzöge den Bischof nach und nach aus dieser Position verdrängten.
Diese ursprünglich starke Stellung des Freisinger Bischofs im Raum um München erklärt sich auch durch die damals bestehenden Besitzverhältnisse.[2] Bischof Otto I. hat 1140 Schäftlarn als Prämonstratenserstift und freisingisches Eigenkloster wiederbegründet und im Gebiet zwischen Sendling und Schwabing mit viel Grundbesitz ausgestattet. Dazu gehörte neben Milbertshofen („Ilmungeshoven“) auch der sich südlich anschließende, sogenannte „Konradshof“ (1260: „Chvnratshoven“), der kein Bauern- oder Gutshof im eigentlichen Sinn war, sondern eine große landwirtschaftliche Fläche auf überwiegend Schwabinger Flur, die in etwa dem Gelände des heutigen südlichen Oberwiesenfelds entspricht. Das Areal des Konradshofes lag im Wesentlichen oberhalb der westlichen Hochuferterrasse in einem Dreieck, das heute durch die Schleißheimer Straße, die Dachauer Straße und den Nymphenburg-Biedersteiner Kanal markiert wird. Die Schleißheimer Straße, die bis ins 19. Jahrhundert auch den Namen „Rennweg“ führte, bildete auch die westliche Grenze des Münchner Burgfriedens, der seit 1460 durch mehrere über die Fluren rund um München verteilte wappengeschmückte Burgfriedenssäulen fixiert war. Diese Grenze zum Landgericht Dachau, in dem die Schwabinger Fluren mit dem Konradshof lagen, war markiert durch die (nicht mehr bestehenden) Säulen Nr. 7 (heute Maßmannbergl) und Nr. 8 (heute Ecksituation Winzerer-/Elisabethstraße).
Im Areal des Konradshofes lag an einer bis heute nicht genau identifizierten Stelle auch der mittelalterliche jüdische Friedhof, der in einer Urkunde von 1416 als „gelegen bey dem perg zwischen Mossach und des Rennweges“ bezeichnet wird.[3] Die weiten Flächen des Konradshofs blieben zwar bis zur Säkularisation im Jahr 1803 im Eigentum des Klosters Schäftlarn, mussten aber auf Druck des wittelsbachischen Stadtherrn den Münchner Bürgern zur Nutzung überlassen werden, was seit 1340 auch im Münchner Stadtrecht verankert war. Die vielen Parzellen wurden vor allem von den Metzgern gepachtet, die hier ihre Weideflächen für ihr Schlachtvieh hatten, und von den bürgerlichen Brauern, die hier ihre eigenen Braugerste anbauten.
 
Der Nymphenburg-Biedersteiner Kanal
Die erste, im wahrsten Sinne des Wortes einschneidende Veränderung erhielt dieses große, als Weide- und Ackerland genutzte Areal im Norden Münchens durch die Kanalbauten in der Zeit von Kurfürst Max Emanuel (1679–1726), mit denen er die Schlossanlagen in Nymphenburg, Schleißheim, Dachau und die Münchner Residenz miteinander verbinden wollte. Er ließ ab1689 Kanäle anlegen, die zunächst nur dem Materialtransport für den Bau des neuen Schlosses Schleißheim dienten. Bei diesen frühen Kanalbauten waren auch noch türkische Kriegsgefangene im Einsatz. Bei den zwei Kanälen, die der Kurfürst ab 1702 durch die Schwabinger Gemarkung anlegen ließ, kamen aber nur noch bayerische Soldaten zum Einsatz.
Der Nymphenburg-Biedersteiner Kanal durchquert die Ebene in West-Ost-Richtung – bei einem Gefälle von 20 Metern von der Würm bei Pasing bis zum Schwabinger Bach (beim späteren Schloss Biederstein). Der Kanal trennt das gesamte Areal des früheren Konradshofes im Übergang der Gemeindemarkungen von Neuhausen, Moosach, Milbertshofen und Schwabing von nun an in eine Nord- und eine Südhälfte.
Der zweite Kanal in Nord-Süd-Richtung war der 1704 fertiggestellte „Neue Kanal“ oder „Schwabinger Kanal“, der von der Münchner Residenz nach Schleißheim führen sollte. Realisiert wurde aber nur das Teilstück, das bei der Georgenschwaige in den Nymphenburg-Biedersteiner Kanal mündete. Dieser Kanal wurde 1811 – damals fälschlicherweise als „Türkengraben“ bezeichnet – zugeschüttet und bildete eine neue Siedlungsachse des westlichen Schwabings.
 
1790: Der Name „Wiesenfeld“ taucht erstmals auf
Seit dem 17. Jahrhundert wurden außerhalb der ummauerten Stadt und den Bastionen von Münchner Bürgern Lust- und Nutzgärten angelegt. Auch im Bereich der späteren Maxvorstadt, beim Aufstieg der Dachauer Landstraße auf den Neuhauser Sandberg (dort wo die Straße einen leichten Knick macht und heute die Maßmannstraße als Querstraße einmündet), entstand um 1790 ein solcher Landsitz, der den Namen „Wiesenfeld“ erhielt.[4] Dort hatte der Hofkammer- und Kommerzienrat Dominikus von Schwaiger (auch „Schweyger“ geschrieben) eine mustergültige Ökonomie geschaffen, die teils unterhalb, teils oberhalb der Geländestufe lag. Von seinem oberhalb der Hangkante gelegenen Landsitz hatte man einen freien Blick auf die Stadtsilhouette und das Gelände davor in der Niederung, die von einer mit Bäumen bepflanzten Chaussée (später Brienner Straße) durchzogen war, dem sogenannten Fürstenweg, der von der Residenz nach Nymphenburg führte. Für das große landwirtschaftliche Areal hinter dem Landsitz Wiesenfeld setzte sich nach und nach die topographische Bezeichnung das „obere Wiesenfeld“ bzw. „Oberwiesenfeld“ durch.
Zur Erinnerung an den Schwaiger’schen Landsitz wurde 1906 bei der Gestaltung des Maßmannplatzes an der Einmündung der Maßmannstraße eine Steinpyramide mit Brunnen errichtet, die folgende Inschrift trug:
„Hier siehst du, / was ehemals Isar-Rinnsal war.
Errichtet / zu Ende des 18. Jahrhunderts / Erneuert von der Stadtgemeinde / München / im Jahre 1906.
Hier wuchs einst keine schöne Blume, / Hier blühte nie ein Apfelbaum. / Es war durchaus ringsumher / Ein öder, / fichtenloser Raum. / Er wagte sich mit Mut daran, / Bald wurden Sand und Stein zu Feld / Bald wuchs ein Garten auch herum, / Und so entstunde ‚Wiesenfeld‘.“[5]
Platz und Steinpyramide sind im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder rekonstruiert worden.
 
Die Maßmann’sche Turnanstalt auf dem Wiesenfeld
An der Stelle des Schwaiger’schen Gutes Wiesenfeld entstand im Jahr 1828 eine öffentliche Turnanstalt, deren Leitung von König Ludwig I. dem gebürtigen Berliner Hans Ferdinand Maßmann (1797–1874) übertragen wurde, einem Schüler des „Turnvaters“ Friedrich Ludwig Jahn.
Maßmann war auch Turnlehrer am Bayerischen Kadettenkorps. Im November 1829 wurde Maßmann, der sich 1827 habilitiert hatte, an der Universität München zum außerordentlichen Professor und dann sechs Jahre später zum ordentlichen Professor für deutsche Sprache und Literatur ernannt. Dabei handelte es sich um einen der ersten Lehrstühle für Germanistik. Von 1837 bis 1843 war er Mitglied der Zwanglosen Gesellschaft München. Im Jahr 1843 berief ihn das preußische Ministerium nach Berlin und übertrug ihm ferner die Organisation des Turnunterrichts.
Eine Turnhalle der Bayerischen Landesturnanstalt bestand in München am Maßmannbergl bis zu den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. An diese erste sportliche Nutzung des Oberwiesenfelds erinnern heute noch die Maßmannstraße und der Maßmannpark.
 
Das Oberwiesenfeld als Teil der Gemeinde Schwabing
Im Zuge der Montgelas’schen Verwaltungsreformen kam es 1803 zu einer Neugliederung der Landgerichtsbezirke im Kurfürstentum Bayern. So wurde auch der Landgerichtsbezirk Dachau neu gestaltet – nun ohne Neuhausen und Schwabing, die dem neu gebildeten Landgericht München zugeschlagen wurden.[6] Im Zuge der Steuervermessung wurden seit 1808 innerhalb der (nun seit 1806 königlichen) Landgerichte Steuerdistrikte gebildet. Auch das Dorf Schwabing wurde Namensgeber für den neuen Steuerdistrikt bzw. die Steuergemeinde. Es bestand laut dem ersten provisorischen Kataster von 1808 neben Schwabing mit seinem alten Siedlungskern zunächst ausfolgenden Ortschaften: Biederstein, Hirschau, Neuschwabing, Riesenfeld und Tivoli. Ein schmaler Korridor links und rechts des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals wurde dagegen der Steuergemeinde Milbertshofen zugeschlagen.
 Auch die weitläufigen Felder des mittelalterlichen Konradshofes wurden bei der Bildung der Steuergemeinden 1808 dem Steuerdistrikt Schwabing zugerechnet, bildeten aber keine eigene Ortschaft. Auf einem Detailplan des Steuerdistrikts Schwabing, in dem um 1813 die einzelnen Flurstücke mit ihren Pächtern eingezeichnet sind, finden sich wie in den Jahrhunderten davor neben Münchner Bürgern (z.B. von Oefele, von Malzl, ein Metzger Schuhwärtl) viele Brauereien, die meist im Verlauf des 19. Jahrhunderts eingegangen sind: Oberkandlbräu, Hallerbräu, Fuchsbräu, Hascherbräu und Wagnerbräu.[7]
 Erst die militärische Nutzung, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer größere Bereiche dieser Fluren erfasste, machte das unter dem topographischen Namen „Oberwiesenfeld“ subsummierte Areal zum Mittelpunkt eines großen Kasernengeländes und Exerzierplatzes.
 
Militärische Nutzung bis 1918
Die Nutzung des Oberwiesenfelds als militärisches Übungsgelände für die Münchner Garnison begann schon Ende des 18. Jahrhunderts.[8]
An der Stelle eines älteren Artillerie-Übungsplatzes entstand dann seit 1804/05 auf den nordwestlich des Schwaiger’schen Landsitzes Wiesenfeld gelegenen Ödgründen des Oberwiesenfelds eine beträchtlich erweiterte militärische Anlage, die einen neuen Kugelfang, ein Artillerie-Laboratorium, ein Wachthaus und einen Pulverturm einschloss.[9]
Neben der Zufahrt vom Rennweg zum Artillerie-Laboratorium stellte Schwaiger ein am Ende seiner Pachtgründe liegendes Grundstücksteil zur Verfügung, damit dort eine Müll- und Fäkaliendeponie errichtet werden konnte (die bis 1880 bestand).[10]
Der oben erwähnte Pulverturm wurde am 16. Mai 1835 Schauplatz eines spektakulären Selbstmordes: Der Artillerist Stanislaus Schmitt sprengte aus Unzufriedenheit mit seiner Behandlung beim Militär den Turm mitsamt dem ganzen Pulver- und Munitionsvorrat in die Luft, wobei er neun weitere Menschen mit sich in den Tod riss.[11] Ein neuer Pulverturm wurde daraufhin weit außerhalb, nördlich des Dorfes Milbertshofen errichtet.
Bereits seit 1824 kaufte das Militär weitere Grundstücke auf dem Oberwiesenfeld von den umliegenden Gemeinden auf, zunächst nur um den Exerzierplatz für die Artillerie zu vergrößern.
Am Nymphenburg-Biedersteiner Kanal wurde bereits 1826 das militärische Schwimmbad für Lehrzwecke errichtet, das ab der Mitte des 19. Jahrhunderts auch für Zivilisten geöffnet war.[12]
Neue Bewegung in die Vergrößerung des Militärstandorts München auf dem Oberwiesenfeld erfolgte erst unter König Max II. von Bayern aus Angst vor erneuten revolutionären Unruhen, die 1848 seinem Vater Ludwig I. den Thron gekostet hatten. Am 2. September 1850 berichtet die Deutsche Allgemeine Zeitung, dass „aus Mangel an Raum in den hiesigen Kasernen ein Lager in der Nähe auf dem sogenannten Oberwiesenfeld bezogen werden wird.“
Am Rande des Oberwiesenfelds, auf dem Gelände zwischen der Dachauer-, der Lazarett-, Albrecht- und Leonrodstraße (also im Gebiet der damals noch selbständigen Gemeinde Neuhausen), wurde im Frühjahr 1861 mit dem Bau einer großen Defensiv-Kaserne begonnen, die den Namen „Max-II-Kaserne“ erhielt. Der 1865 vom 1. Artillerie-Regiment bezogene Bau entwickelte sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum Zentrum einer das Oberwiesenfeld als Truppenübungsplatz rahmenden kleinen Garnisonsstadt mit zahlreichen weiteren militärischen Zweckbauten.
Dazu gehörte das 1865 neu erbaute Zeughaus der bayerischen Armee an der Lothstraße, ein heute noch stehender Rohziegelbau im historischen Rundbogenstil. Das Zeughaus erscheint in einer „Übersicht über die im Gemeindebezirke Schwabing befindlichen Gebäude“ aus dem Jahr 1868, das neben den privaten auch 38 öffentliche Gebäude auflistet, zusammen mit 21 weiteren militärischen Gebäudeteilen und Werkstätten.[13]
Der weitere Ausbau der Garnison München zu einem zeitgemäßen Militärstandort erfolgte nach der Niederlage der bayerischen Armee gegen Preußen 1866 und vor allem nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der folgenden Reichsgründung, bei der sich das Königreich Bayern zumindest die Militärhoheit in Friedenszeiten als Reservatrecht sichern konnte.
Seit den 1880er Jahren kaufte das Militär weitere Grundstücke auf dem Oberwiesenfeld von den dortigen Gemeinden auf[14] und vergrößerte das militärische Areal. Das Exerziergelände dehnte sich nun auch nördlich des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals bis zur Moosacher Straße aus. Dieser „Truppenübungsplatz Oberwiesenfeld“ diente vor allem für die Kavallerie, die bisher auf dem Marsfeld exerziert hatte.
Auf diesem erweiterten militärischen Areal entstanden nach und nach zahlreiche neue Kasernen.
Gebaut wurden die Kasernen für das Eisenbahn-Bataillon (Bezug 1890) an der Dachauer Straße/Höhe Heideckstraße mit einem Gleisanschluss, das „Baracken-Kasernement Oberwiesenfeld“ (1893) für die Infanterie mit einem Dienstgebäude am ehemaligen Vimyplatz (heute Gabelung von Winzerer- und Lothstraße), die Kaserne für die 1890 gegründete Luftschifferabteilung (1896) an der Ecke Heß-/Schwere Reiter-Straße und die Prinz-Leopold-Kaserne (1902) für die Schweren Reiter mit dem Offizierskasino an der Ecke Schwere-Reiter- und Winzererstraße.
 Es entstanden jedoch auf dem Oberwiesenfeld nicht nur Kasernen, es gab auch schon so etwas wie einen sozialen Wohnungsbau bei der bayerischen Armee. Besonders zu erwähnen ist das in dem Straßendreieck zwischen Schwere-Reiter-, Barbara- und Infanteriestraße gelegene, 1909/10 erbaute Ensemble, eine Siedlung mit zwölf freistehenden, von Grünflächen und Gärten umgebenen Häusern für insgesamt 36 Familien. In die Kolonie zogen verheiratete Unteroffiziere und Unterbeamte des Korps-Bekleidungsamtes.[15]
In der Prinzregentenzeit war die jährlich abgehaltene Frühjahrsparade auf dem Exerzierfeld des Oberwiesenfelds immer ein festlicher Höhepunkt im militärischen Jahresablauf.
Zur militärischen Nutzung des Oberwiesenfelds gehört auch ein städtisches Gebäude, das erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg fertiggestellt worden ist: das von Stadtbaurat Hans Grässel 1912/13 erbaute Wehramt an der Winzererstraße (seit 1927 befindet sich dort das Stadtarchiv München). Das Gebäude diente zur Musterung der Soldaten, die in großen Städten wie München eine kommunale Aufgabe war. Seine dennoch militärische Funktion zeigt sich mit der Ausrichtung des Haupteingangs nicht zur Stadtmitte, sondern auf das Militärareal auf dem Oberwiesenfeld. Kurios war die Begründung der Verschiebung einer feierlichen Einweihung nach Fertigstellung des Gebäudes im Dezember 1913 auf August 1914, weil es da „ruhiger“ wäre. Der Beginn des Ersten Weltkriegs hat dann nicht nur eine Einweihung des Gebäudes verhindert, sondern
bedeutete auch eine Zäsur in der Geschichte des Oberwiesenfelds insgesamt.
Die Kriegszeit spiegelte sich deutlich sichtbar in dem 1914 errichteten Reservelazarett an der Infanteriestraße wider, das aus 45 Baracken bestand, die z.T. seit 1901 als Lagerhallen für Bekleidung genutzt worden waren. In einer dieser Baracken wurde gleich zu Beginn des Krieges die Notkirche St. Sebastian provisorisch eingerichtet.
Während des Ersten Weltkriegs entstand um und auf dem Oberwiesenfeld ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Besonders zu erwähnen sind hier die „Bayerischen Motorenwerke“ (BMW), wie der große Industriebetrieb seit 1917 hieß. Ein Vorläufer war das Münchner Zweigwerk der „Flugwerke Deutschland GmbH“ an der Schleißheimer Straße 288, das 1913 der Ingenieur Karl Rapp übernahm, der sich in seinen „Rapp-Motorenwerken“ auf die Produktion von Flugzeugmotoren spezialisierte. Bei der Umbenennung in BMW wurde der Betrieb auf ein Gelände mit Bahnanschluss an der Moosacher Straße verlegt. Nach dem Ersten Weltkrieg bestand ein zeitweiliges alliiertes Verbot des Flugmotorenbaus, weshalb BMW nun Motorräder und dann Autos produzierte, nun (bis heute) auf dem Betriebsgelände an der Lerchenauer Straße. Am bisherigen BMW-Standort an der Moosacher Straße, also am nördlichsten Rand des Oberwiesenfelds, gründete die Berliner „Knorr-Bremse“ eine Tochterfabrik, die „Süddeutsche Bremsen AG“.
 
Militärische Nutzung nach 1919
Die Niederlage des deutschen Heeres im Ersten Weltkrieg, die Revolution und Rätezeit von 1918/19 und die neue Weimarer Verfassung von 1919 bewirkten einschneidende Veränderungen für das Militärwesen in Bayern. Die Selbständigkeit der bayerischen Armee wurde endgültig aufgehoben, die noch verbleibenden Verbände in die Reichswehr integriert. Da der Friedensvertrag von Versailles die Truppenstärke der Reichswehr stark einschränkte, eine eigene Luftwaffenabteilung gänzlich verbot, verminderte sich auch die Zahl der in München stationierten Truppen. Die Unterbringung der verbliebenen Verbände konzentrierte sich jetzt fast ausschließlich auf das Gelände um und auf dem Oberwiesenfeld, allerdings beschränkt auf den südlich des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals gelegenen Teil.
Die im Ersten Weltkrieg errichtete Notkirche wurde 1922/1923 zu einer Garnisonskirche umgebaut und durch Kardinal Michael von Faulhaber, den Erzbischof von München und Freising, am 4. Februar 1923 geweiht – nun der heiligen Barbara, der Patronin des „Wehrstandes“. Die Kirche blieb bis 1945 Sitz des Militärpfarrers, wenn auch Kirche und Grundstück 1940 von den Nationalsozialisten enteignet und der Wehrmacht zugeschlagen wurden. Nach 1945 wurde die Kirche von der polnischen katholischen Gemeinde in München bis 1978 genutzt. Heute ist sie eine Filialkirche von St. Benno in Neuhausen.
 Mit den Folgen des Ersten Weltkriegs hängt auch eine große Wohnsiedlung am Ostrand des Oberwiesenfelds zwischen Winzerer- und Deidesheimer Straße zusammen, denn sie wurde ab 1919 von der „Gemeinnützigen Baugenossenschaft der Kriegsbeschädigten und Kriegsteilnehmer“ (heute „Baugenossenschaft München Oberwiesenfeld“) in mehreren Bauabschnitten errichtet. Die dort in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre eröffnete Gaststätte an der Ecke Hildebold- und Winzererstraße trägt bis heute den Namen „Oberwiesenfeld“.
 
Hitler auf dem Oberwiesenfeld am 1. Mai 1923
Am 1. Mai 1923 gab es auf dem Oberwiesenfeld ein Ereignis, das man als Vorspiel zum Hitlerputsch im November desselben Jahres bewerten kann. An diesem Tag traf sich dort Adolf Hitler mit den bewaffneten Vaterländischen Verbänden, um gewaltsam gegen die traditionelle Maikundgebung der Gewerkschaften und der Sozialdemokraten, die mit 25.000 Teilnehmern auf der Theresienwiese stattfand, vorzugehen. Die Regierung von Ministerpräsident Eugen von Knilling schickte allerdings Landespolizei und Reichswehr, die die Versammlung abriegelten. Erst daraufhin ließ Hitler von seinem Vorhaben ab und ließ seine Leute nur exerzieren und Waffenübungen machen. Innenminister Franz Xaver Schweyer forderte die Staatsanwaltschaft auf, hier § 127 des Reichsstrafgesetzes anzuwenden („Bildung bewaffneter Haufen“). In einer aufschlussreichen Denkschrift vom 16. Mai 1923 wehrte sich Hitler gegen eine drohende Verurteilung: „Befand sich an dem Tag auf dem Oberwiesenfeld nicht ein ‚Haufen‘, sondern eine im Einvernehmen mit der Staatsregierung sowohl als der Reichswehr wohldisziplinierte, nach militärischen Grundsätzen durchorganisierte Truppe.“[16] Eine Anklage gegen Hitler verlief wohl wegen dieser Verwicklungen im Sande, und so nahm das Unglück für Deutschland und darüber hinaus weiter seinen Lauf.
 
Flughafen Oberwiesenfeld
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg bestand im Nordteil des Oberwiesenfelds ein Flugfeld, zunächst als Landeplatz für Ballone. Für großes Aufsehen bei der Münchner Bevölkerung sorgte die erste Landung eines lenkbaren Starr-Luftschiffes am 1. April 1909; Ferdinand Graf Zeppelin mit seiner Konstruktion wurde dabei von Prinzregent Luitpold persönlich begrüßt. Und am 15. Oktober 1909 landete auf dem Oberwiesenfeld erstmals ein Parseval-Luftschiff, das wie der Zeppelin nach seinem Erfinder benannt worden ist, dem aus einer bayerischen Beamten- und Offiziersfamilie stammenden Erfinder und Konstrukteur August von Parseval.[17]
Nach der Entwicklung von Motorflugzeugen wurde das Oberwiesenfeld seit 1910 von einer privaten Fliegerschule genutzt. Auch die 1912 gebildete Fliegerkompanie der bayerischen Armee sollte sich hier ansiedeln, wurde aber noch im selben Jahr an den neuerbauten Militärflugplatz nach Schleißheim verlegt.
Ab 1919 wurde das Areal nördlich des Kanals weiter für den zivilen Luftverkehr provisorisch genutzt, ab 1927 erfolgte dort der Ausbau des Flugfeldes zu einem städtischen Flughafen. Dazu gehörte eine große Flugzeughalle, eine Eisenkonstruktion mit Glasbausteinmauerungen, sowie das imposante Flughafengebäude nach Plänen des Architekten Karl Johann Moßner.[18] Am 3. Mai 1931 fand die Einweihung des neuen Verkehrsflughafens München durch Oberbürgermeister Karl Scharnagl mit einem Großflugtag statt.
In der NS-Zeit ab 1933 veranstalteten dort nationalsozialistische Organisationen Flugtage als Propagandaveranstaltungen mit großem Besucherzuspruch.[19]
Der Flughafen war am 29. September 1938 noch einmal Ort des Zeitgeschehens, da hier der französische Ministerpräsident Edouard Daladier und der englische Premierminister Neville Chamberlain gelandet sind, um mit Reichskanzler Adolf Hitler und dem italienischen Ministerpräsidenten Benito Mussolini das Münchner Abkommen abzuschließen, mit dem das von Sudetendeutschen bewohnte Gebiet der Tschechoslowakei dem Deutschen Reich zugesprochen wurde. Chamberlain glaubte an den Erfolg seiner Appeasement-Politik und sprach nach seinem Rückflug von München nach England von „Peace for our time“ – eine trügerische Hoffnung, wie sich ein Jahr später mit dem Kriegsbeginn herausstellte.
Zum 25. Oktober 1939 wurde der Luftverkehr von Oberwiesenfeld zum neuen, dreimal so großen Flughafen München-Riem verlegt.[20] Der Flughafen Oberwiesenfeld wurde danach nur noch für militärische Zwecke genutzt, zunächst von der Luftwaffe bis 1945, danach bis 1957 von der US-Armee als „Airfield R.74“. Nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte stand der Flughafen Oberwiesenfeld wieder für Sport- und Segelfliegerei zur Verfügung – bis zur erfolgreichen Olympiabewerbung Münchens. Im März 1968 wurde der Flugbetrieb endgültig eingestellt. Das imposante Flughafengebäude, das auch von amerikanischen Rundfunksendern wie Radio Free Europe und Radio Liberty genutzt worden war, wurde am 14. August 1968 gesprengt und abgebrochen.
 
Militärische Nutzung und neue Planungen in der NS-Zeit
Die Gründung der Wehrmacht im März 1935 und die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht führten wieder zu einer Expansion der Münchner Truppenkontingente. Auf dem Oberwiesenfeld entstanden um diese Zeit nochmals neue Kasernen: eine Kraftradschützen-Kaserne an der Schwere-Reiter-Straße und die Korpsnachrichten-Kaserne an der Saarstraße.
Durch den Umzug des Flughafens nach Riem geriet auch das Areal des Oberwiesenfelds in den Fokus der gigantischen nationalsozialistischen Um- und Ausbaupläne für München. Neben den Planungen für einen Autobahnring, der hier entlang des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals verlaufen sollte, legte der „Generalbaurat der Hauptstadt der Bewegung“ 1940 einen Entwurf für einen neuen Güterbahnhof Nord auf dem Oberwiesenfeld vor, neben dem am Leonrodplatz eine neue Großmarkthalle sowie östlich der Einmündung der Gleisanlagen in die Güterumgehungsbahn zwischen Moosach und Milbertshofen ein neuer Schlacht- und Viehhof entstehen sollten.[21] Der Verlauf des Zweiten Weltkriegs mit den seit 1943 intensiv einsetzenden Luftangriffen machte all diese Planungen obsolet. Einziges Relikt dieser neuen geplanten städtischen Infrastruktur war die 1941 gebaute Nordmolkerei an der Winzererstraße, die bis zur Auflassung in den 1990er Jahren von der Firma Deller betrieben worden ist.[22]
 
Militärische Nutzung nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die amerikanische Besatzungsarmee die Korpsnachrichten-Kaserne an der Schwere-Reiter-Straße und die Kradschützen-Kaserne an der Saarstraße (beide 1934/35 errichtet) als „Jensen Kaserne“ und „Indiana Depot“ in Beschlag. Nach ihrer Neugründung 1955 zog dort die Bundeswehr ein, nun mit den Namen „Waldmann-Kaserne“ und „Stetten-Kaserne“. Erst 1994/95 räumte die Bundeswehr diese Standorte. Dort entstand in mehreren Bauabschnitten bis 2016 das neues Stadtquartier „Am Ackermannbogen“.
 
Vom Schuttberg zum Olympiaberg
Das Oberwiesenfeld war neben dem Neuhofener Berg in Sendling und dem Luitpoldhügel in Schwabing-West einer der drei großen Schuttabladeplätze für die Trümmer der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häuser Münchens. Während die beiden anderen Hügel bereits in den späten 1950er Jahren zu Naherholungsparks umgestaltet wurden, blieb die Schuttkippe Oberwiesenfeld als einzige weiter in Betrieb. Durch die künstliche Aufschüttung wurde dieser Schuttberg zur höchsten Erhebung in München und erreichte nach der landschaftsgärtnerischen Gestaltung als Olympiaberg eine Höhe von 55 Meter.[23]
Bereits 1946 wurde zwischen den Wohnblöcken der Baugenossenschaft München-Oberwiesenfeld und der Nordmolkerei eine (noch heute bestehende) Kleingartenanlage angelegt. Eine weitere Kleingartenanlage bestand bis zur Gestaltung des Olympiaparks zwischen dem Schuttberg und dem Nymphenburger-Biedersteiner-Kanal.
 
Väterchen Timofej – einer der berühmtesten Bewohner des Oberwiesenfelds
Legendäre Bewohner in diesem Schuttareal waren der russische Eremit Timofej Wassiljewitsch Prochorow, genannt Väterchen Timofej, und seine spätere Frau Natascha. Die beiden waren in den Kriegswirren aus Russland vertrieben worden und hatten sich in Wien kennengelernt. Laut eigener Aussage erhielt Timofej in einer Vision den Auftrag der Gottesmutter Maria, in München eine Kirche zu errichte. Und so ließen sie sich 1952 am Rande des Schuttberges nieder, wo sie aus dem reichlich vorhandenen Kriegsschutt ein kleines Haus und eine kleine Kirche bauten, deren Decke sie mit gefundenem Schokoladenpapier „versilberten“. Jahrzehntelang lebten die beiden im stillen Einverständnis der städtischen Behörden ohne Genehmigung in ihrem „Schwarzbau“. Durch die Planungen einer Reitanlage für die Olympischen Sommerspiele 1972 drohte den beiden die Vertreibung. Nach Protesten von Münchner Bürgerinnen und Bürgern verlegte man die Reitanlage nach Riem und das Pärchen konnte bleiben. Väterchen Timofej starb erst 2004 im Alter von 110 Jahren und seine (nun sogenannte) Ost-West-Friedenskirche ist heute ein Museum in einer grünen Oase und gilt als eine der Sehenswürdigkeiten in München.[24]
 
Sportliche Nutzung auf dem Oberwiesenfeld
Zwischen Schuttberg und der Schwere-Reiter-Straße fanden ab 1950 in einem eigenen Stadion des Bundes Bayerischer Motorsportler (BBM) Sandbahnrennen und ab 1958 auch Speedwayrennen statt. Das letzte Rennen startete am 11. Oktober 1970, da danach das Stadion für den Military-Reitsport während der Olympischen Spiele verplant war.
Seit 1955 nutzte auch der FC Teutonia das Stadion als Sportplatz mit. Der 1905 als „Fussballclub Union“ in Schwabing gegründete Verein, der 1928 seinen heutigen Namen annahm, hatte schon eine lange Tradition auf dem Oberwiesenfeld. Bereits im Frühjahr 1921 konnte der FC Teutonia einen neuen Sportplatz eröffnen, der zwischen dem Nymphenburg-Biedersteiner Kanal, der Lerchenauer- und der Winzererstraße lag. Er war damals einer der modernsten Fußballplätze Münchens mit einer überdachten Tribüne und einem Fassungsvermögen für 12.000 Zuschauer. Die Spieler des Vereins wurden in zeitgenössischen Spielberichten meist die „Oberwiesenfelder“ genannt. Auch andere Vereine trugen dort publikumsträchtige Spiele aus, so zog der FC Bayern für die Jahre 1923 bis 1926 auf den Teutonia-Platz um. 1936 musste der Teutonia-Platz an der Lerchenauer Straße aufgegeben werden, weil das Oberwiesenfeld wieder verstärkt für militärische Zwecke genutzt wurde. Nach verschiedenen Standortwechseln fand der FC Teutonia 1955 seine endgültige Bleibe am heutigen Standort (mit nur einer kurzen Unterbrechung während der Olympischen Spiele).[25]
 
Suche des FC Bayern nach einem vereinseigenen Großstadion auf dem Oberwiesenfeld
Der FC Bayern München teilte sich seit 1926 mit dem TSV 1860 München das von diesem Verein ausgebaute Grünwalder Stadion, das 1937 von der Stadt München gekauft wurde. Auch nach 1945 änderte sich an dieser Doppelnutzung nichts, doch in den 1950er Jahren mehrte sich beim FC Bayern die Forderung nach einer vereinseigenen Sportanlage. In der Clubzeitung vom April 1952 heißt es deswegen: „Jedermann in Münchens Sportgemeinde weiß es, dass dieses Städtische Stadion immer nur eine zeitbedingte Notlösung bleiben wird. In der drittgrößten Stadt Bundesdeutschlands ist es noch immer unmöglich ein zugkräftiges Länderspiel anzusetzen, weil die Unterbringungsmöglichkeit für 100 000 Zuschauer eben fehlt. Auch die Stadtverwaltung weiß dies. Es sind daher auch schon Schritte unternommen, um den Forderungen der Zeit entsprechend ein wirklich großes Stadion zu schaffen. Auf dem Oberwiesenfeld soll diese künftige Großkampfstätte erstehen.“[26] Doch noch im November 1960 musste die Vereinsführung konstatieren, dass die Besitzverhältnisse auf dem Oberwiesenfeld noch nicht geklärt waren.[27] Der 1962 neugewählte Präsident Wilhelm Neudecker beschäftigte sich in einer Clubversammlung am 30. Juli 1962 „eingehend mit dem ewig-jungen (oder ewig-alten) Problem des Münchner Großstadions und den damit verbundenen Plänen für das künftige ‚Bayern‘-Gelände.“[28] Schon 1960 hatte der neugewählte Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel dem Verein versprochen, im Rahmen des geplanten Stadions auf dem Oberwiesenfeld auch ausreichend Trainingsplätze und einen Platz für ein neues Vereinsheim bereitzustellen. Doch erst 1964 konnte die Stadt in den schwierigen Verhandlungen mit dem Freistaat und der Bundeswehr das ehemalige Militärareal am Oberwiesenfeld kaufen. Die Planungen wurden dringlicher, da seit der Saison 1963/64 der TSV 1860 München in der neu gebildeten Bundesliga spielte, und ab der Saison 1965/66 auch der FC Bayern München: „Es ist bekannt, das der Stadtrat eine räumliche Verlegung unseres Clubs auf Oberwiesenfeld wünscht, um die beiden großen Vereine TSV 1860 und FC Bayern in ihren Einzugs- und Wirkungsgebieten abzugrenzen.“[29]
 Für das Großstadion mit 90.000 Plätzen wurde 1964 ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben, bei dem Rüdiger Henschker (Braunschweig) und Wilhelm Deiß (München) die ersten beiden Plätze belegten. Der von den beiden Preisträgern ausgearbeitete Entwurf ging dann 1965 in die Bewerbung Münchens für die Olympischen Spiele ein, das Modell wurde bei der Präsentation beim IOC in Rom im April 1966 ausgestellt.[30]
 Mit der Olympia-Bewerbung wurden aber auch die lang gehegten Hoffnungen des FC Bayern auf dieses Areal endgültig zunichte gemacht, der Verein konzentrierte sich nun auf den Ausbau der Trainingsanlagen und des Vereinsheimes an der Säbener Straße.[31]
Die Pläne für das Großstadion wurden dann doch noch ad acta gelegt, denn 1967 wurde ein neuer Architektenwettbewerb für eine städtebauliche Gesamtlösung des Olympiageländes ausgeschrieben.
Das neue Olympiastadion wurde noch vor Eröffnung der Olympischen Spiele vom FC Bayern für sein erstes Bundesligaspiel genutzt. Am 34. und letzten Spieltag der Saison 1971/72 besiegte am 28. Juni 1972 der FC Bayern den FC Schalke 04, der vor dem Spiel nur einen Punkt zurücklag, in einem regelrechten Finale mit 5:1 und wurde damit zum dritten Mal deutscher Meister. Das Stadion mit dem Zeltdach wurde nun für 33 Jahre die neue Heimat des FC Bayern.
 
Vorolympische Nutzungen auf dem alten Flughafengelände
Zusätzlich zum Flugbetrieb wurde der südliche Teil des alten Flughafengeländes in den Jahren 1962 bis 1967 als Ausstellungsgelände genutzt. Hier fand jährlich für eine Woche die große internationale Baumaschinenausstellung, kurz bauma genannt, statt. Das alte Messegelände auf der Theresienhöhe hatte nicht mehr genügend Platz geboten für die ständig wachsende Zahl der Aussteller mit ihren teilweise gigantischen Baumaschinen.
Bereits vor Vergabe der Olympischen Spiele nach München war zwischen 1965 und 1967 das „Eisstadion am Oberwiesenfeld“ errichtet worden. Es wurde 1972 für Boxveranstaltungen umgenutzt, und fungierte danach bis heute als Olympia-Eissportzentrum.
Daneben entstand als zweites vorolympisches Bauwerk der 290 Meter hohe Fernsehturm zur Verbesserung der Funk-, Fernseh- und Telefonversorgung Münchens. Die Entscheidung für dieses höchste Gebäude Münchens fiel im Münchner Stadtrat bereits im Januar 1964. An den Bau- und späteren Unterhaltskosten beteiligte sich die Deutsche Bundespost, die damit ein Dauernutzungsrecht für die Antennenanlage und die Betriebsräume erwarb. Als Bauherr und Eigentümer trat die Landeshauptstadt auf bzw. die im Mai 1964 gegründete „Münchner Sportpark GmbH“, deren alleiniger Gesellschafter die Stadt war. Am 10. August 1965 erfolgte die Grundsteinlegung für den Fernsehturm. Nach 533 Tagen Bauzeit wurden am 22. Februar 1968 die Aussichtsplattform und das Drehrestaurant für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mittlerweile war der Fernsehturm durch die Zusage der Bewerbung für die Olympischen Spiele nachträglich in das Planungskonzept integriert worden und ist dadurch als Olympiaturm – neben dem spektakulären Zeltdach des Olympiastadions – zum Wahrzeichen des neuen Olympiaparks geworden.
 
Fazit
Heute ist der Name Oberwiesenfeld fast in Vergessenheit geraten. Der auf dem Nordteil angelegte Olympiapark mit den Sportstätten und das Olympiadorf für die Olympischen Sommerspiele des Jahres 1972 – ein städtebaulich wichtiges Großprojekt mit großer Nachhaltigkeit[32] – führten dazu, dass ein großer Teil des historischen Oberwiesenfelds heute selbst im Bewusstsein der meisten Münchnerinnen und Münchner nur mit dem „Olympiagelände“ gleichgesetzt wird. Der mit Wohnsiedlungen, Justiz- und Verwaltungsgebäuden sowie verschiedenen Bildungseinrichtungen bebaute südliche Rest wird dagegen völlig anonym den Stadtteilen Schwabing-West, Neuhausen-Nymphenburg und Milbertshofen-Am Hart zugerechnet. Für alle sichtbar erinnern ans Oberwiesenfeld heute nur mehr der U-Bahnhof gleichen Namens, die Straße „Am Oberwiesenfeld“ – und natürlich auch die Gastwirtschaft „Hofbräu am Oberwiesenfeld“.

 
[1] Vgl. Michael Stephan: „Forum Munichen“. Die kaiserliche Bestätigung der Münchner Marktgründung – 14. Juni 1158 (Staatliche Archive Bayerns – Kleine Ausstellungen Nr. 31), München 2008.
[2] Vgl. Richard Bauer: Monachium Frisingense. Neue Quellen und Aspekte zur freisingischen Frühgeschichte Münchens, in: Oberbayerisches Archiv 126 (2002), S. 1-163; v.a. S. 60 ff.: „Der schäftlarnische Konradshof“.
[3] Vgl. Richard Bauer: Ein vermeintlich im Münchner Maßmannpark lokalisierter Judenfriedhof aus dem Jahr 1416, in: Oberbayerisches Archiv 133 (2009), S. 247-259; siehe auch Anm. 10.
[4] Vgl. Richard Bauer: Maxvorstadt (Zeitreise ins alte München, hg. vom Stadtarchiv München), München 2013, S. 26 f.
[5] Zit. nach: August Alckens: München in Erz und Stein. Gedenktafeln – Denkmäler – Gedenkbrunnen, Mainburg 1973, S. 96 f. (Nr. 302).
[6] Vgl. Michael Stephan/Willibald Karl: Schwabing (Zeitreise ins alte München, hg. vom Stadtarchiv München), München 2015, S. 25 f. („Steuergemeinde Schwabing und Bildung der politischen Gemeinde“).; vgl. auch Bauer (wie Anm. 4), Abb. S. 18: Übersichtskarte der Steuergemeinde Schwabing, 1808.
[7] Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Steuerdistriktpläne, AG München-Land Nr. 28.
[8] Vgl. Elisabeth Angermair: Das Oberwiesenfeld. Exerzierplatz – Flugfeld – Olympiapark (Ausstellung des Stadtarchivs München vom 19. Oktober 1994 bis zum 11. Februar 1995), München 1994. Die Ausstellung wurde erneut im Rahmen der „Kulturtage Schwabing-West“ vom 14. Mai bis zum 4. Juli 2009 im Stadtarchiv gezeigt.
[9] Vgl. Christian Lankes: München als Garnison im 19. Jahrhundert (Militärgeschichte und Wehrwissenschaften Bd. 2), München 1993, S. 344.
[10] Dieses trapezförmige Areal mit ausgerechnet dieser Nutzung wurde 2008 von Klaus Bäumler fälschlicherweise als Standort für den mittelalterlichen Judenfriedhof lokalisiert. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat daraufhin die im Maßmannpark vermuteten „untertägigen Teile eines jüdischen Friedhofs“ ungeprüft als Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen. Vgl. die richtige historische Einordnung bei Bauer (wie Anm. 3).
[11] Vgl. die zeitgenössische Druckschrift „Die große Pulver-Explosion zu Oberwiesenfeld bey München, am 16. May 1835. Eine aus dem bayer. Volksfreund entnommene geschichtliche, getreue Darstellung aller bei diesem durch die Hand der Bosheit herbeigeführten großen Unglücke sich ergebenen traurigen Ereignisse und Merkwürdigkeiten.“
[12] Das Militärbad bestand bis 1965 und wurde auch noch vom Verfasser genutzt. Seine Lage war westlich des heutigen Olympiasees. Der Bereich des neben dem Kanal gelegenen, dann verfüllten Schwimmbeckens ist heute an einer parallel verlaufenden Baumreihe zu erkennen.
[13] Stadtarchiv München, Bürgermeister und Rat 163/12.
[14] Vertrag zwischen dem kgl. bayerischen Militärärar und den Gemeinden Schwabing, Nymphenburg und Milbertshofen über den Erwerb von Gemeindegrund auf dem Oberwiesenfeld, 30.01.1885 (Stadtarchiv München, Rechtsamt 111).
[15] Vgl. Rainer Braun: Bayern und seine Armee. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs aus den Beständen des Kriegsarchivs (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 21), München 1987, S. 145, Nr. 80.
[16] Zit. nach: Lothar Gruchmann: Hitlers Denkschrift an die bayerische Justiz vom 16. Mai 1923. Ein verloren geglaubtes Dokument, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 39 (1991), S. 305-328; hier S. 328.
[17] Nicht auf dem Oberwiesenfeld, sondern auf dem Ausstellungsgelände auf der Theresienhöhe wurde 1910 für den Parzeval eine eigene Halle gebaut. Denn von dem Gelände, auf dem von Mai bis September 1910 unter dem Titel „München 1910“ ein Reigen von kulturellen Großevents stattfand, sollten auch Fahrten mit dem Parseval von München zu den Passionsspielen in Oberammergau starten. Der Einsturz der Halle verhinderte dann jedoch dieses touristische Highlight.
[18] Karl Johann Moßner: Flughafen München, in: Deutsche Bauzeitung 65 (1931), H. 29/30, S. 173-181 (mit zahlreichen Plänen und Fotos).
[19] Vgl. Mathias Irlinger: „Stadion der Luftfahrt“. Der Flughafen München-Riem zwischen städtischer Repräsentation und nationalsozialistischer Stadtpolitik, in: Margit Szöllösi-Janze (Hg.): München im Nationalsozialismus. Imagepolitik der „Hauptstadt der Bewegung“ (München im Nationalsozialismus. Kommunalverwaltung und Stadtgesellschaft Bd. 4), Göttingen 2017, S. 217-240; zum Oberwiesenfeld v.a. das Kapitel „Eine Arena für die Inszenierung des Fliegens“ (S. 218 ff.).
[20] Vgl. Irlinger (wie Anm. 19), v.a. das Kapitel „Vom Oberwiesenfeld nach Riem“ (S. 228 ff.).
[21] Vgl. Hans-Peter Rasp: Eine Stadt für tausend Jahre. München – Bauten und Projekte für die Hauptstadt der Bewegung, München 1981, S. 118, Abb. 89.
[22] Zwischen 1999 und 2002 entstanden auf dem aufgelassenen Firmenareal östlich des Olympiabergs eine Wohnanlage mit zehn Stadtvillen.
[23] Vgl. Gerhard Ongyerth: Münchner Bergführer, München 2015, S. 94 f. Den Rang als höchster Berg Münchens nimmt heute der Fröttmaninger Berg auf der ehemaligen Mülldeponie mit 70 Meter ein.
[24] Vgl. Miriam Elze: Väterchen Timofej.Eine Annäherung, München 2004.
[25] Vgl. die Vereinschronik auf der Homepage des FC Teutonia München e.V.: www.fcteutonia.de [Stand: 29.06.2022].
[26] Clubzeitung des F.C. Bayern München e.V. 4 (1952), H. 4, S. 20. In der Clubzeitung 3 (1951), H. 10, wird zum ersten Mal erwähnt, „dass die Stadt München ganz große Stadionpläne auf dem Oberwiesenfeld hat“ (S. 18). Vielen Dank an Andreas Wittner vom Archiv des FC Bayern für diesen und auch die folgenden Hinweise.
[27] Vgl. Clubzeitung des FC. Bayern München e.V. 12 (1960), H. 11, S. 1.
[28] Clubzeitung des FC. Bayern München e.V. 14 (1962), H. 8, S. 1.
[29] Clubzeitung Fussball-Club Bayern München e.V. 16 (1964), H. 8/9/10, S. 3.
[30] Vgl. Irene Meissner/Andres Lepik (Hg.): Die Olympiastadt München. Rückblick und Ausblick, München 2022, S. 79.
[31] Vgl. Clubzeitung Fussball-Club Bayern München e.V. 20 (1968), H. 3, S. 3.
[32] Vgl. Michael Stephan: Weltmeister in Nachhaltigkeit? Olympia 72 in München, in: HDBG Magazin Nr. 7 (Ois anders. Großprojekte in Bayern 1945-2020), Augsburg/Regensburg 2021, S. 30-35.
 
 

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