Themenforum Migration in München

BLZ

München wird Einwanderungsstadt

von Philip Zölls

Bild: Ein Arbeitnehmer bei seiner Ankunft am Münchner Hauptbahnhof, 1968
Foto: Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv Soulas/Fotograf: Dimitri Soulas

„München ist eine weltoffene, tolerante und bunte Stadt. Menschen vieler Nationalitäten, Kulturen und Religionen sind hier zu Hause. Humanität, Solidarität und Demokratie sind die Grundwerte, die unser kommunales Zusammenleben tragen. Das Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft gehört zur Geschichte unserer Stadt und wird ihre Zukunft sein. Wir setzen uns entschlossen für Menschenwürde, kulturelle Vielfalt und Freiheit ein.“1
 
In ihrer Resolution betonen die demokratischen Parteien des Stadtrats im Oktober 2014 die konstitutive Bedeutung der Migration für die Stadtentwicklung, wie sie der Migrationsforscher Erol Yildiz in dem kurzen, aber präzisen Satz „Stadt ist Migration“ zusammengefasst hat. Doch die Bekenntnisse zu München als Einwanderungsstadt sagen noch wenig über die wechselhafte Geschichte, die hitzig geführten Diskussionen über das Selbstverständnis der Stadt oder die unterschiedlichen Vorstellungen über verschiedene Formen von Integration aus. Dieser Aufsatz möchte daher die unterschiedlichen Diskurse zu Migration und Integration seit den 1950er Jahren in den Blick nehmen und Hintergrundinformationen für die Quellenarbeiten im folgenden Kapitel geben.
 
Migration nach Kriegsende – Kontinuitäten
Zu jeder Geschichte gibt es eine Vorgeschichte. So auch in der Migrationsgeschichte Münchens nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon während des Krieges arbeiteten viele italienische Arbeiterinnen und Arbeiter in der Münchner Wirtschaft. Bis 1943 waren sie gegenüber Arbeiterinnen und Arbeitern aus anderen Ländern in einer privilegierten Position, die sich mit dem Waffenstillstand zwischen der italienischen Regierung um Pietro Badoglio und den Alliierten verschlechterte. Die meisten von ihnen gingen nach Kriegsende zurück nach Italien, einige kamen zehn Jahre später nach Abschluss des deutsch-italienischen Anwerbeabkommens wieder nach München zurück.
 
Aber auch unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs war München eine Stadt in Bewegung. Viele Münchnerinnen und Münchner, die während des Krieges aufs Land geflohen waren oder evakuiert wurden, kehrten wieder in die Stadt zurück. Sie hofften, in ihre bisherigen Wohnungen einziehen oder andere intakte Unterkünfte mieten zu können. Um den knappen Wohnraum konkurrierten sie mit Kriegsflüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, aber auch mit der US-Armee, die Kasernen und intakte Wohngebäude für sich beanspruchte.
 
Neben den schon erwähnten Personengruppen kamen viele sogenannte Displaced Persons (DPs) nach München. Als DPs galten alle „Zivilpersonen, die sich aus Kriegsfolgegründen außerhalb ihres Staats befinden, die zwar zurückkehren oder eine neue Heimat finden wollen, diese aber ohne Hilfestellung nicht zu leisten vermögen.“2 Die Alliierten und insbesondere die USA sahen sich in besonderer Verantwortung gegenüber den DPs und entwickelten noch während des Krieges Konzepte zur Repatriierung der zwischen 6,5 und sieben Millionen Männer und Frauen, die ins Deutsche Reich verschleppt worden waren.3 Dieses Ziel erreichten sie für einige Gruppen relativ schnell. So waren im Herbst 1945 fast 93 Prozent der sowjetischen DPs repatriiert. Schwieriger gestaltete sich hingegen die Rückkehr der DPs aus anderen osteuropäischen Ländern. Als die Repatriierung im Jahr 1946 stagnierte, wurden viele DPs selber aktiv und verließen die provisorischen Unterkünften und zogen in die Städte. 1947 waren in München circa 22.000 DPs untergebracht.4 Die gescheiterte Repatriierung hatte weitreichende Folgen. Zum einen verschärfte sich die angespannte Wohnungs- und Lebensmittellage. Zugleich schwand die anfängliche Unterstützung der Alliierten gegenüber den DPs. Die britische Regierung forderte eine Gleichbehandlung von Deutschen und DPs, auch um die Repatriierung weiter voranzutreiben. Die US-Militärregierung war 1946 der Ansicht: Displaced Persons are becoming a nuisance more and more in Stadt- und Landkreis Munich. They don`t desire to work and are living from profiteering businesses on black market etc.5
 
Große Teile der Münchner Bevölkerung begrüßten die restriktivere Haltung der US-Militärregierung. Sie zeigten wenig Verständnis für die schwierige Lebenssituation der DPs und erhofften sich eine zügige Repatriierung. Die Wahrnehmung der Münchnerinnen und Münchner von DPs als sozial und rechtlich bessergestellt und von der Militärregierung bevorzugt ermöglichte ihnen aber auch eine Neubewertung ihrer eigenen Rolle. Andreas Heusler hat in seiner Arbeit auf die Doppelstilisierung hingewiesen: Zuerst seien sie Opfer der Hitler Diktatur Nationalsozialistischen Diktatur gewesen und nach dem Krieg würden sie unter der Militärregierung und den DPs leiden, die zahlreiche Privilegien genössen, während sie selber unter Zwangs- und Sparmaßnahmen zu leiden hätten.6
 
Auch im Münchner Stadtrat spiegelte sich diese Haltung wider und langlebige Feindbilder aus der Zeit des Nationalsozialismus traten meist unreflektiert und häufig offen zu Tage. In zahlreichen Debatten wurden DPs als kriminell und „asozial“ dargestellt.7 Von SPD-Stadtrat Fischer kam sogar die Forderung nach einer Verschärfung der Ausländerpolizeiverordnung, da er in dem Zuzug und der Anwesenheit der DPs in München eine Gefährdung der städtischen Sicherheit sah. Andere Stadträte führten Maßnahmen aus der NS-Zeit als positives Beispiel für den Umgang mit DPs an. SPD-Stadtrat Lettenbauer war in einer Stadtratsdiskussion 1947 der Meinung, dass Personen, die sich aktiv am Schwarzmarkt beteiligten und ihre Freizeit am Hauptbahnhof verbrachten, wieder in Arbeitslager nach Dachau gebracht werden könnten: „Der Herr Polizeipräsident erklärte vorhin, dass vielleicht auch die Möglichkeit bestünde, einen Teil des Lagers Dachau für die Unterbringung derartiger Elemente frei zu bekommen. Wir könnten die dort untergebrachten Leute dann auch zu planmäßiger Arbeit in München einsetzen. […] [D]ie Einweisung in Arbeitslager wird für Elemente der genannten Art eine gute Belehrung sein. Dass man davon sprechen wird, die Einrichtung solcher Lager sei undemokratisch oder wir würden dadurch neue KZ`s schaffen, darf uns in keiner Weise von diesen Maßnahmen abhalten.“8

Doch diese Ansichten blieben nicht ohne Widerspruch. Als letzter Redner einer sehr langen Debatten führte der damalige zweite Bürgermeister Thomas Wimmer die historischen Gründe für die Anwesenheit von DPs in München an und verwies auf die eigene historische Schuld und die Verstrickungen der Münchner Bevölkerung in das NS-Regime: „Wir haben 28 Monate nach Ende des Krieges eben die Auswirkungen der Maßnahmen über uns ergehen zu lassen, dass Hitler im Jahre 1943 36 Jahrgänge deutscher Menschen unter die Waffen gerufen habe, dass 28 Millionen Menschen unter Waffen standen und dass, um die Kriegswirtschaft nicht zum Erliegen zu bringen 12 Millionen Menschen aus 17 Nationen Europas nach Deutschland gebracht wurde. […] Es liegt uns vollkommen fern, die wurzel- und heimatlos gewordenen Menschen, die wir aufgreifen, in Lager unterzubringen, die nur entfernt mit KZ`s verglichen werden können. Unser Hauptgedanke ist der, diesen Leuten zu helfen, um wieder in ein ordentliches Leben zu kommen.“9 Auch wenn Thomas Wimmer in dieser Stadtratsdiskussion ein Machtwort gesprochen hatte, beendet waren die Debatten dadurch nicht. Bis 1955 lassen sich immer wieder Diskussionen in den Stadtratsprotokollen finden, bei denen es im Kern um die Verfügungsgewalt des Staates gegenüber den DPs und den Wunsch nach einer größtmöglichen Kontrolle der Migrationsbewegungen ging.10 Im Jahr 1950 entbrannte eine Debatte über die mögliche Ausweisung und Umverteilung von DPs. Hintergrund war die Aufforderung der US-Militärregierung, die ehemaligen Wehrmachtskasernen zu räumen, um dort US-Soldaten unterbringen zu können. Stadtrat Schmid von der CSU argumentierte daraufhin: […] Bedenken Sie doch Folgendes: Jetzt haben Sie die in diesen Kasernen untergebrachten Ausländer noch beisammen und die Räumung kann geschlossen erfolgen. Sind diese Ausländer nach erfolgter Räumung anderweitig in München untergebracht, dann müssen Sie sie dauernd hier haben. Die jetzt angeordnete Räumung der Kasernen gibt die einmalige Möglichkeit, die Insassen dieser Gebäude auf ein weiteres Gebiet zu verteilen, und zwar nicht nur auf Bayern, sondern auch auf das übrige Bundesgebiet. Wir bitten den Herrn Oberbürgermeister dringend, er möge bei den zuständigen Behörden vorstellig werden zu dem Zwecke, dass die in München befindlichen Ausländer aus Anlass der Räumung von Kasernen auf das Bundesgebiet verteilt werden.“11 Der Antrag von Herrn Schmid stieß parteiübergreifend auf Zustimmung, hatte aber keine konkreten Auswirkungen, da sich die Zuständigkeit für eine mögliche Verteilung bei Bund und Land befand.
 
Die Diskussionen über den Zuzug von DPs in München verschwinden ab Mitte der 1950er Jahre. Dies mag an der geringer werdenden Zahl liegen, die noch in München und der Umgebung lebte oder an der größer werdenden Zahl von Arbeiterinnen und Arbeiter aus Südeuropa, die ab spätestens Anfang der 1960er Jahre die Debatten in der Öffentlichkeit und den Medien prägten. Die Diskussionen über den Zuzug und die Anwesenheit von DPs stellten aber aus meiner Sicht eine sogenannte Wahrnehmungsbrücke für die späteren Migrationsbewegungen dar, denn erst aus den diesen Erfahrungen, Berichten und Diskussionen entwickelten sich die Diskussionen und Debatten in der Presse und der Münchner Bevölkerung über sogenannte Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter aus Süd und Südosteuropa ab 1956. Auf diese Kontinuität werde ich in meinem Aufsatz verweisen. Zudem gibt es hierzu auch weitere Informationen in Modul 4 des Quellenteils. 
 
München und das deutsch-italienische Anwerbeabkommen
Auch wenn es, wie im vorherigen Abschnitt gezeigt, vielfältige Debatten über die Migrationsbewegungen in die Stadt gab, hatte das deutsch-italienische Anwerbeabkommen vom 20. Dezember 1955 in den ersten Jahren wenig Auswirkungen auf die Stadtpolitik und Verwaltung. Die Stadt sah Arbeitgeber, Sozialverbände und später auch die Gewerkschaft in der Pflicht, sich um Wohnraum, die soziale und rechtliche Beratung sowie die Freizeitbetreuung der Migrantinnen und Migranten zu kümmern.12 Des Weiteren waren die Zahlen der italienischen Arbeiterinnen und Arbeiter in den ersten Jahren sehr gering. Im gesamten Bezirk des Landesarbeitsamtes Südbayern waren 1956 lediglich 9.451 ausländische Beschäftigte gemeldet und auch von den 29.899 gemeldeten ausländischen Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Jahr 1960 waren 11.397 Personen aus Österreich und nur 11.110 aus Italien eingereist. Doch immerhin hatte sich der Anteil der ausländischen Beschäftigten in den vier Jahren mehr als verdreifacht. Die verstärkte Anwerbung ist dabei auf viele verschiedene Faktoren zurückzuführen: Die expandierende Wirtschaft, die Einführung der Wehrpflicht für junge Männer, die von der Gewerkschaft erreichten Arbeitszeitverkürzung und nicht zuletzt der Stopp des Zuzugs aus der DDR infolge des Baus der Berliner Mauer führten zu einem wachsenden Arbeitskräftebedarf.
 
Die Stadt oder vielmehr der Hauptbahnhof als Ankunftsort stellten aber schon ab den 1960er Jahren einen wichtigen erinnerungspolitischen Ort für die Geschichte der Migration dar. Denn alle Migrantinnen und Migranten, die über die offiziellen Anwerbeabkommen mit Italien, Griechenland, Jugoslawien und anfangs auch aus der Türkei in die BRD einreisten, kamen am Hauptbahnhof auf Gleis elf an. Hier wurden ihnen Informationen zu ihrer Weiterreise mitgeteilt und sie erhielten Essenspakete von der Caritas. „Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern“, die in München arbeiteten, wurden direkt von Firmenmitarbeiterinnen und Firmenmitarbeitern empfangen. Doch schon bald suchte man nach einer neuen Lösung für die Situation auf Gleis elf, denn im Winter war es kalt und wenn mehrere Züge nacheinander ankamen, war die Situation unübersichtlich und notwendige Informationen konnten schlecht weitergegeben werden. Nachdem sich auch das italienische Konsulat über die Zustände auf dem Gleis beschwert hatte, suchte man nach einem geeigneteren Ort und baute den ehemaligen Luftschutzbunker unter dem Hauptbahnhof zur sogenannten Weiterleitungsstelle aus. Einer der Gründe, der für die Nutzung des Bunkers sprach, war, dass Analogien zu dem Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern während der NS-Zeit verhindert werden sollten, denn der Münchner Bevölkerung waren noch Bilder von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern präsent, die unter anderem für die Schuttbeseitigung in der Stadt eingesetzt worden waren. Die Bundesanstalt für Arbeit argumentierte für die Nutzung des Bunkers: „Jede andere Lösung würde einen An- und Abmarsch in großen Gruppen mit viel Gepäck über belebte Straßen erfordern, der nicht nur unpraktisch ist, sondern psychologisch auch ein wenig günstiges Bild […] vermitteln könnte.“ Als die Bundesregierung den Bunker angesichts der Bedrohungen im Kalten Krieg zu einem Atombunker ausbauen wollte, verhinderte dies die Bundesanstalt mit einem ähnlichen Argument. So war sie der Ansicht: „[…], dass es unmöglich sei, Transporte über die Straße zu leiten, weil dadurch der Eindruck eines Kriegszustands geschaffen würde. […] Wir können es nicht wagen, objektiv ein Bild in Erscheinung treten zu lassen, wonach Transporte mit Arbeitern in heruntergekommenen Zustand über die Straßen ziehen. […]. Die Leute müssen möglichst schnell vom Bahnsteig verschwinden, um nicht den Eindruck des ‚Sklavenhandels‘ zu schaffen.“13
 
Auch die Stadtpolitik begann sich mit der zunehmenden Arbeitsmigration stärker für Migrantinnen und Migranten zu interessieren. So wollte Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel sich einen Überblick über die bestehenden Betreuungsangebote für Migrantinnen und Migranten bei der Stadt verschaffen und stellte eine entsprechende Anfrage an die Stadtverwaltung. Der damalige Schulreferent Anton Fingerle nahm die Anfrage zum Anlass, um alle Personen, Vereine, Konsulate und städtischen Referate, die bisher an der Betreuung der Migrantinnen und Migranten beteiligt waren, zu einem Vernetzungstreffen einzuladen. Eigentliches Ziel des Treffens war eine bessere Koordination und Absprache der Betreuungsarbeit aller Beteiligten. Am Ende der Besprechung wurde aber auch die Forderung an die Stadt gestellt, ein Grundstück für ein noch zu bauendes „Haus des Ausländers“ zur Verfügung zu stellen. In diesem Begegnungszentrum sollte die Betreuungsarbeit besser konzentriert und koordiniert werden. Insbesondere die regierende sozialdemokratische Fraktion im Münchner Stadtrat sprach sich für ein stärkeres Betreuungsangebot für Migrantinnen und Migranten durch städtische Institutionen aus und forderte ein größeres Engagement. Anton Fingerle zog hinsichtlich der Notwendigkeit eines größeren städtischen Engagements folgendes Resümee: „Zusammengefasst ist zu sagen, dass die Betreuung der Gastarbeiter nicht nur eine menschliche und sozial-pädagogische, sondern auch eine kommunale Aufgabe darstellt.“14
 
Doch diese Einsicht war nicht nur auf humanitäre oder wirtschaftliche Aspekte zurückzuführen. Ein weiterer wichtiger Grund für die Bündelung der Freizeitgestaltung von Migrantinnen und Migranten war deren zunehmende Sichtbarkeit und Präsenz am Münchner Hauptbahnhof. Gründe, sich am Bahnhof zu treffen, gab es viele: Der Ort lag zentral und war den meisten bekannt. Man konnte Freunde und Bekannte treffen, ohne konsumieren zu müssen, und man konnte über die politische und soziale Situation im Herkunftsland diskutieren, denn nur im Bahnhof gab es internationale Presse zu kaufen.
 
Gegen die Anwesenheit von Migrantinnen und Migranten am Hauptbahnhof regte sich schnell Kritik von Seiten der Münchner Bevölkerung, die von der lokalen Presse aufgegriffen wurde. Die Zeitungen schrieben von einer „Balkanisierung“ des Bahnhofs und der Münchner Stadtanzeiger titelte am 3. Oktober 1969: „Die Gastarbeiter im Münchner Hauptbahnhof. Sind sie tatsächlich so gefährlich oder sehen sie nur so aus?“15
Durch verstärkte Kontrollen und Platzverweise wollte die Bahnhofspolizei Migrantinnen und Migranten vertreiben, die den Hauptbahnhof als Freizeitort nutzten. Der Leiter der Bahnhofspolizei führte in einem Interview mit dem Münchner Merkur Folgendes aus: „Der Ärger, den wir ständig mit den Ausländern haben, steht uns bis obenhin, aber schließlich sind sie keine Untermenschen und wir können doch nicht SS-Methoden anwenden, um das Problem zu lösen.“ Auch wenn es aus dem schriftlichen Zitat nicht gänzlich erklärbar wird, wie der Satz von Oberinspektor Willy Trey gemeint war, so legt die Wortwahl die Interpretation nahe, dass die Bahnpolizei SS-Methoden anwenden gewollt hätte, wenn sie gedurft hätte. Doch erfolgreich war die Polizei nicht, sowohl aufgrund von Personalmangel, wie sie selber eingestand, als auch aufgrund der Menge von Migrantinnen und Migranten, die den Ort weiter für ihre Freizeitausgestaltung nutzen wollten. So führte oben erwähnter Willy Trey in dem Artikel vom im Münchner Merkur weiter aus: „Wir bemühen uns nach Kräften, den Hauptbahnhof ‚rein‘ zu halten, aber für einen Ausländer oder unliebsamen Gastarbeiter, den wir endlich nach langer Beobachtung loswerden, kommen zehn andere.“16 Hier wird die Kontinuität nationalsozialistischen Gedankenguts bis in die 1960er Jahre deutlich.
 
Planung als neue Regierungskonzeption – München wird modern
Die oben dargestellten Debatten über die Betreuung waren der Beginn einer intensiveren Auseinandersetzung von Stadtpolitik und Verwaltung über die diversen Migrationsbewegungen in die Stadt. Entscheidenden Einfluss auf die Wende hin zu einer aktiven Migrationspolitik hatte der damalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel, der seit 1960 im Amt war. Hans-Jochen Vogel verfolgte einen planungspolitischen Regierungsansatz, wie ihn Willy Brandt auf Bundesebene vertrat. Anders als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ging es nun darum, möglichst viel Wissen über die Stadt und die Stadtgesellschaft zu erlangen, um politische Lösungen für anstehende Probleme zu finden. Vogel war der Ansicht, dass man bisher noch zu wenig Wissen generiert habe, um die Stadt regieren zu können. In seinem Vortrag auf dem Deutschen Städtetag im Jahr 1971 präzisierte er seine Vorstellung und Definition von Stadt: „Der Stadtbegriff dynamisiert sich mehr und mehr. Stadt ist nicht länger mehr ein Zustand, sondern ein Prozess […] Heute verändern sich unsere Städte unaufhörlich. Alles ist mobil geworden. Millionen wechseln alljährlich ihre Wohnorte.“17 Dieser „Prozess“ musste nach Ansicht von Vogel aktiv gestaltet werden, nicht zuletzt durch umfangreiche Forschungen. Hierzu führte er in seinem Vortrag weiter aus: „Die Stadtforschung nenne ich an erster Stelle, weil wir einfach noch zu wenig über die Stadt und auch die Menschen wissen, die in ihr leben, ja unsere Vorkehrungen reichen oft genug noch nicht einmal dazu aus, in Erfahrung zu bringen, ob und wie anderswo ein uns gerade interessierendes Problem bereits gelöst worden ist.“18

Die Umsetzung seiner planungspolitischen Ideen erhielt mit der erfolgreichen Bewerbung für die olympischen Spiele von 1972 neuen Schwung. Kurz nachdem München 1966 den Zuschlag erhalten hatte, wurde das spätere Stadtentwicklungsreferat gegründet. Es vereinte Personen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen, was zu dieser Zeit ein Novum darstellte: Neben Statistikerinnen und Statistikern waren Stadtplanerinnen und Stadtplaner und Soziologinnen und Soziologen in dem neuen Referat vertreten.
 
Das Referat arbeitete sehr engagiert. Innerhalb der ersten Jahren wurden eine Vielzahl an Studien zu unterschiedlichen Themen herausgegeben. Für die Migrationsgeschichte ist die Problemstudie „Kommunalpolitische Aspekte des wachsenden ausländischen Bevölkerungsanteils in München“ aus dem Jahr 1972 von besonderer Relevanz.19 Sie hatte weitreichende Diskussionen im Münchner Stadtrat zur Folge, wurde vom Innenminister Hans-Dietrich Genscher gelobt und als Vorbild für weitere Studien in anderen deutschen Städten gesehen. Die Fragestellungen und Zielvorgaben für die Studien wurden in verschiedenen Stadtratsanträgen und Diskussionen festgelegt: die zahlenmäßige Entwicklung des Ausländeranteils in der Stadt, die Eingliederung der Ausländer im Wohnbereich, die Integration der Ausländer im Arbeitsbereich, die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen durch die Ausländer, die Befriedigung ihrer sozialen Bedürfnisse sowie die Auswirkungen des Ausländeranteils auf ihre Umgebung.20
 
Doch die Ergebnisse der Studie gingen weit über die formulierten Anforderungen hinaus. Neben einem historischen Abriss der Wanderungsbewegungen und der Beschreibung aktueller Migrationsbewegungen in die Stadt standen die „sozialen Folgen der zunehmenden Ausländerbeschäftigung“ im Mittelpunkt der Analyse der Studie. Konkret handelte es sich hierbei um Probleme in der Arbeitswelt, bei der Wohnungssuche, in der Schule, in der Freizeit und – da von Rassismus in der deutschen Diskussion nicht gesprochen wurde – von Vorurteilen.21 In den umfangreichen letzten drei Kapiteln wurden Lösungsmodelle, Zielvorstellungen und Verbesserungsvorschläge dargestellt. Hier werden der Ansatz und die Perspektive der Autorinnen und Autoren deutlich, die Migration als Normalfall für die Stadtentwicklung betrachteten und diese nicht als Besonderheit behandelten: „Die ausländischen Arbeitnehmer werden häufig als Randgruppe bezeichnet. Das ist unzutreffend. Diese Auffassung unterstellt, dass die Gesellschaft als Ganzes intakt ist und spezielle Hilfsmaßnahmen ausreichen, um die Problemgruppen an ihre Umwelt anzupassen. […] Ein zutreffendes Verständnis kann nur dann erreicht werden, wenn man davon ausgeht, dass die Probleme der Ausländer auf Mangelsituationen hinweisen, die bereits vor ihrem Auftreten vorhanden waren und durch sie nur verstärkt in Erscheinung treten. Ihre mangelhafte Versorgung weist auf strukturelle Probleme hin, die die Gesellschaft bisher nicht lösen konnte.“22
 
Zudem verstanden sie die Migrationsbewegungen in die Stadt als dauerhaftes Phänomen. Als einen wichtigen Grund nannten sie die fortschreitende europäische Integration: „Die eingangs getroffenen Feststellungen über das Zusammenwachsen der Länder des europäischen Kontinents, über die damit verknüpften Bevölkerungsbewegungen und die auf absehbare Zeit bestehende Notwendigkeit, ausländische Zuwanderer in der BRD aufzunehmen, um den Lebensstandard der Gesellschaft zu erhalten, beweisen das. Angesichts dieser Situation sollte vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine konstante Gruppe relativ gut in die deutschen Verhältnisse eingelebter Ausländer für die soziale und politische Entwicklung der deutschen Gesellschaft zweckmäßiger ist, als eine ständige rotierende Gruppe von Ausländern mit Anpassungsproblemen“. Später schreiben sie: „Die Ausländerbeschäftigung ist ein Dauerzustand geworden, der unabhängig ist von konjunkturellen Wechsellagen“23 Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen sprach man sich für die Integration der in München lebenden Migrantinnen und Migranten aus. In einem ersten Schritt definierte man Integration und grenzte sich von Assimilation und Einwanderung ab. Eine Assimilation wurde dabei abgelehnt, da es sich hierbei um eine einseitige Anpassung von Migrantinnen und Migranten an die deutsche Bevölkerung handelte. Positiver bewertete man den Begriff der Eingliederung, der aber nur von einer kurzfristigen Beschäftigung der Migrantinnen und Migranten in der Stadt ausging. Favorisiert wurde der Begriff von Integration. Darunter verstanden die Autorinnen und Autoren einen „Vorgang, bei dem sich die Ausländer nicht einseitig […] an deutsche Verhältnisse anpassen. Vielmehr nähern beide Gruppen ihr Verhalten und ihre Einstellung wechselseitig aneinander. Das bedeutet praktisch, dass die ausländischen Zuwanderer in Stand gesetzt werden, gleichberechtigt in der BRD zu leben und alle Rechte wahrzunehmen.“24
 
Mit diesen integrationspolitischen Forderungen lösten die Autorinnen und Autoren zahlreiche Diskussionen im Münchner Stadtrat aus. Vor allem die CSU lehnte die Integrationsvorstellungen kategorisch ab, denn ihrer Ansicht nach kostete deren Umsetzung zu viel. So wird Werner Eckert in einem Protokoll des Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsausschusses mit folgenden Worten zitiert: „Er glaube jedoch, dass der Versuch, die Ausländer nicht nur in München, sondern auch in der übrigen Bundesrepublik zu integrieren, die Grenzen des Möglichen – vor allem in finanzieller Hinsicht – überschreite.“25 Zudem beharrte die CSU darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland kein Einwanderungsland sei und somit München keine Einwanderungsstadt. Daher müsse auch keine Integration forciert werden. Vielmehr solle, so die Vorstellungen der CSU weiter, das Rotationsmodell konsequent umgesetzt werden. Vor allem in den ersten Jahren der offiziellen Anwerbung war das Rotationsmodell als Alternative zur Einwanderung angedacht. Es sah vor, dass Migrantinnen und Migranten auf ein Jahr befristet in der Bundesrepublik arbeiten und anschließend durch andere Arbeitskräfte ersetzt werden sollten. Dieses Modell war durch die Vergabe von einjährigen Arbeitsverträgen und die daran gekoppelten Aufenthaltserlaubnisse bei der staatlichen Anwerbung implementiert. Doch die Befristung lag weder im Interesse der Migrantinnen und Migranten noch der Wirtschaft, die sich wegen der hohen Einarbeitungskosten, die durch die jährlich anzulernenden Arbeiterinnen und Arbeiter entstanden, wiederholt gegen das Rotationsmodell aussprach. De facto fand das Modell daher keine Anwendung, vielmehr erhöhte sich die Aufenthaltsdauer vieler Migrantinnen und Migranten in München seit Ende der 1960er Jahre kontinuierlich, wie der Münchner Stadtanzeiger in einer Umfrage feststelle.26
 
In den Augen der CSU aber stellte das Rotationsmodell einen Gewinn für alle Beteiligten dar, das heißt sowohl für Migrantinnen und Migranten als auch für die deutsche Bevölkerung, da sich die Lebensqualität für alle steigern ließe und die Kosten für einen weiteren Wohnungsbau und Betreuungsaufgaben entfallen würden. Entscheidend war aus Sicht der CSU aber, dass durch eine stärkere Integration die Bereitschaft vieler Migrantinnen und Migranten zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer geschmälert werde. Stadtrat Eckert etwa vertrat die Ansicht: „Man sollte nicht einen Prozess vom Prinzip her fördern, der für Hunderttausende – vielleicht sogar für Millionen – in der Entwurzelung ende und die Rückgliederung und Rückkehrbereitschaft in das eigene Land mindere. Es sei vielmehr notwendig, die Rückkehrbereitschaft aktiv zu unterstützen, und zwar nicht nur aus sozialen, sondern auch aus politischen Gründen.“27
 
Mit ihren politischen Forderungen wurde die Münchner CSU von der bayerischen Staatsregierung unterstützt. In einem ausführlichen Bericht hatte sie Stellung gegen die Münchner Studie bezogen und versuchte deren Ergebnissen und Prämissen zu widerlegen. Insbesondere die Feststellung, dass Migration nicht zu stoppen sei, wurde kritisiert, denn dadurch würde die Einwanderung „in das Belieben der ausländischen Arbeitnehmer“ gestellt und der Staat würde sich selber unnötig einschränken. Eigentliche Aufgabe in der Migrationspolitik wäre es, die Handlungsmöglichkeiten des Staates auszubauen und die Kontrollen zu verschärfen. Man kam in der Stellungnahme daher zu dem Schluss: „Ein Staat, der die Einwanderung nicht steuert und kontrolliert, gefährdet seine politische Existenz, abgesehen von nachteiligen gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen, ethnologischen und kulturellen Auswirkungen.“ Als vorrangiges Ziel für die nächsten Jahre wurde dabei festgehalten, dass die Migration stärker eingeschränkt werden müsse, auch um den erreichten Lebensstandard zu halten.28 Stärkere Zustimmung erhielt die Münchner Studie vom damaligen Innenminister Hans-Dietrich Genscher. Schon 1972 hatte er eine umfassendere Migrationspolitik der Bundesregierung gefordert, die nicht allein auf arbeitsmarktpolitische Aspekte Rücksicht nahm. Als Vorbild auch zur Umgestaltung seines eigenen Ministeriums nahm er das Münchner Stadtentwicklungsreferat und die Münchner Problemstudie. In einem Schreiben an den Arbeitsminister schrieb Genscher: „Für die Weiterentwicklung einer Gesamtkonzeption der Ausländerpolitik wäre ein weiteres Arbeitspotential erforderlich, zu dem Volkswirte, Soziologen und Statistiker entscheidende Beiträge zu liefern hätten. Vorbildlich ist m.E. hierfür das Stadtentwicklungsreferat der Stadt München, das in einer Stärke von 12 Personen eine Problemstudie ‚Kommunalpolitische Aspekte des wachsenden ausländischen Bevölkerungsanteils in München‘ erarbeitet hat, die einem Bundesministerium gut anstünde.“29
 
Doch trotz dieser namhaften Unterstützung kamen auch in der Münchner SPD Zweifel an der Richtigkeit der Integrationsvorstellungen auf. Zwar hielt man an dem Konzept fest, sah aber dessen Umsetzung nur durch eine strengere Begrenzung der Migrationsbewegung in die Stadt möglich. Dementsprechend beschloss der Stadtrat am 23. November1972, dass „die Grenze der Aufnahmefähigkeit ausländischer Arbeitnehmer im Stadtgebiet München jetzt und in absehbarer Zeit erreicht, wenn nicht sogar überschritten ist.“30 Die Diskussion über die Frage nach der Grenze der Aufnahmefähigkeit wurde in vielen Kommunen in der Bundesrepublik geführt. Die Belastungen zeigten sich bei der sozialen Infrastruktur, der Bildung und in München vor allem im Wohnungsbereich.
 
Der Wohnraum war in München seit Ende des Zweiten Weltkrieges knapp, doch für Migrantinnen und Migranten gestaltete es sich noch schwieriger, an entsprechende Wohnungen zu gelangen. Häufig fanden sie welche in der Innenstadt oder den Innenstadtrandgebieten. Viele Wohnungen waren in schlechtem Zustand, hatten Gemeinschaftsbäder und Toiletten auf dem Gang, zudem wurden Zimmer einzeln zu überteuerten Preisen vermietet. Ab Ende der 1960er Jahre lassen sich hierzu zahlreiche Artikel in der Presse finden, die auf die schlechte Unterbringung und die überhöhten Mieten aufmerksam machen.31 Doch ab 1972 änderte sich die Berichterstattung und immer häufiger wurde von einer „Gefahr der Gettobildung“ gesprochen. Der Münchner Merkur schrieb in Anlehnung an den Olympia-Slogan der Stadt „Weltstadt mit Herz“: „München – bald Weltstadt mit Gettos?“32 Auch im Münchner Stadtrat wurde über die angeblich drohende Gefahr einer Gettobildung diskutiert und Maßnahmen dagegen gefordert. Nach längeren Diskussionen verhängte die Stadt zum 1. April 1975 sogenannte Zuzugssperren über bestimmte Stadtviertel. Diese sahen vor, dass Nicht-Deutsche der Umzug in Stadtviertel verwehrt werden konnte, in denen der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung 12 % überstieg. Doch wer genau zu der Kategorie Ausländer gehörte, war umstritten. Rechtlich gesehen waren EG-Angehörige davon ausgenommen, das heißt italienische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger konnte der Zuzug nicht verwehrt werden. Da aber andererseits US-Amerikanerinnen und Amerikaner, Migrantinnen und Migranten aus Österreich, der Schweiz und Liechtenstein unter dieses Verbot fielen, erließ man – aufgrund eines befürchteten Imageschadens – für diese Staaten eine Ausnahmeregelung. Den Nutzen der Zuzugssperren konnte die Stadt allerdings nie nachweisen, vielmehr konnte eine Studie der Technischen Universität feststellen, dass die Gefahr einer Ghettobildung in München nie gegeben war. Weitere Diskussionen erübrigten sich auch, da die Regelungen über Zuzugssperren gegen EG-Regelungen verstießen und daher auch nicht weiterverfolgt wurden. Der öffentliche Schaden hingegen war groß, denn durch ihre Form der repressiven Stadtpolitik hatten die Stadträte Migrantinnen und Migranten für soziale Engpässe und Vernachlässigungen im Wohnungsbau verantwortlich gemacht, ohne dass man die öffentlichen Folgen für das Miteinander in der Stadtgesellschaft bedacht hatte. Letztlich können die Diskussionen über die Grenzen der Aufnahmefähigkeit als Zäsur innerhalb der Migrationspolitik gesehen werden. Denn mit ihr verschwanden die ersten Ansätze einer Integrationspolitik und die Debatten über die soziale und rechtliche Teilhabe von Migrantinnen und Migranten innerhalb der Stadtgesellschaft. Auch wenn in den folgenden Jahren noch über ein Ausländerprogramm diskutiert wurde, so dominierte – nicht zuletzt durch den Anwerbestopp aus dem Jahr 1973 – die Frage nach einer Reduzierung und stärkeren Kontrolle der Migration nach München. Zudem begannen ab Ende der 1970er Jahre erste Debatten zum Recht auf Asyl, die bis weit in die 1990er Jahre wirkten.
 
In diesem Aufsatz wurde der Schwerpunkt auf die Diskussionen aus der Zeit der 1970er Jahr gelegt. Denn hier wurde das erste Mal ausführlich über Migration und Integration diskutiert, die nicht einfach in unsere heutige Zeit zu übertragen sind. Dennoch zeigen sich hier erste Ideen und Konzepte, die eine stärkere Berücksichtigung in den heutigen Debatten verdient hätten, denn viele Argumente die damals zum ersten Mal vorgebracht wurden, finden sich heute in einer weiter entwickelten Form wieder. So können die dargestellten Themen und Diskussionen der 1970er Jahre sowohl als Dokument ihrer eigenen historischen Epoche gelesen und behandelt werden als auch als Bezugs- und Anfangspunkt einiger Diskussionen aus unser heutigen Zeit dienen.


[1] Wortprotokoll über die 7. Sitzung des Stadtrates der Landeshauptstadt München vom 1. Oktober 2014, Resolution der Demokratinnen und Demokraten im Münchner Stadtrat „Solidarität mit den Muslimen in unserer Stadt“, S. 18, https://risi.muenchen.de/risi/dokument/v/3494236 [Stand: 04.05.2022].
[2] Wolfgang Jacobmayer: Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland. 1945-1951, Göttingen 1985, S. 16.
[3] Angelika Königseder/Juliane Wetzel: Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (displaced persons) im Nachkriegsdeutschland, Frankfurt am Main 1995, zit. nach: Wolfgang Benz: Auftrag Demokratie, Berlin 2009, S. 98.
[4] Vgl. hierzu unveröffentlichtes Manuskript der Doktorarbeit von Andreas Heusler: Arbeitswelt und Lagerleben – Zur Alltagswirklichkeit des Ausländereinsatzes in München, München 1994, S. 528.
[5] OMGBY 3rd US Army Area, Historical Reports, Report September 1946, IFZ-Archiv Fg 3/5.
[6]Vgl. Andreas Heusler: Arbeitswelt und Lagerleben – Zur Alltagswirklichkeit des Ausländereinsatzes in München, München 1994, S. 520.
[7] Vgl. hierzu Karen Schönwälder: Einwanderung und ethnische Pluralität. Politische Entscheidungen und öffentliche Debatten in Großbritannien und der Bundesrepublik von den 1950er bis zu den 1970er Jahren, Essen 2001, S. 221.
[8] Stadtarchiv München, Ratssitzungsprotokolle 720/2, S. 1961 f.
[9] Stadtarchiv München, Ratssitzungsprotokolle 720/2, S. 1976 f.
[10] Vgl. hierzu etwa die Rede von Kreisverwaltungsreferenten Ernst Dölker 1955 in seiner Grundsatzrede über die „Ausländerprobleme in München und Grundsätze für Einbürgerung“, in: StAM, Ratssitzungsprotokolle, 728/16, S. 1046 ff.
[11] Stadtarchiv München, Ratssitzungsprotokolle 723/5, S. 3869.
[12] Vgl. hierzu Franziska Dunkel/Gabriella Stramaglia-Faggion: Für 50 Mark einen Italiener. Zur Geschichte der Gastarbeiter in München, München 2000, S. 53 f.
[13] Beide Zitate aus: ebd., S. 92 f.
[14] Stadtarchiv München, Schulamt 4884.
[15] Münchner Stadtanzeiger v. 03.10.1969, S. 4. Vgl. hierzu auch Franziska Dunkel/Gabriella Stramaglia-Faggion: Gastarbeiter–„Wir waren da und von Gott verlassen“, in: Angela Koch (Hg.): Xenopolis: von der Faszination und Ausgrenzung des Fremden in München, München 2005, S. 335-350, hier S. 341.
[16] Münchner Merkur v. 06.07.1966, S. 11.
[17] Stadtarchiv München, Schulamt 7481.
[18] Ebd.
[19] LH München (Hg.): Kommunalpolitische Aspekte des wachsenden ausländischen Bevölkerungsanteils in München, München 1972.
[20] Vgl. ebd., S.13. Vgl. hierzu auch Philip Zölls: Wissen im Wandel. Münchner Migrationspolitik der 1970er Jahre – von der Einwanderungsstadt zum Ghetto (voraussichtlich 2022).
[21] Vgl. LH München (wie Anm. 19), S. 101. Dies entsprach den Themen, die im öffentlichen Diskurs und in den Zeitungen präsent waren. Vgl. hierzu auch Eva Bahl u.a.: Tulbeck 12. Das Münchner Migrationsregime: eine unendliche Geschichte von Autonomie und Kontrolle, in: Natalie Bayer u.a.: Crossing munich. Beiträge zur Migration aus Kunst, Wissenschaft und Aktivismus, München 2009, S. 60-65.
[22] LH München (wie Anm. 19), S. 177.
[23] Ebd., S. 195 und S. 198.
[24] Ebd., S. 181.
[25] Stadtarchiv München, Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsausschuss 745/9.
[26] 1972 betrug sie im Schnitt 7,7 Jahre. Ein Viertel der befragten Migrantinnen und Migranten wollte mindestens zehn Jahre bzw. dauerhaft in der Bundesrepublik bleiben. Vgl. Münchner Stadtanzeiger v. 11.07.1972, S. 11.
[27] Stadtarchiv München, Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsausschuss 745/9.
[28] Archiv der sozialen Demokratie, DGB-Bundesvorstand 5/DGAZ 487.
[29] Bundesarchiv Koblenz, 106/69844.
[30] Stadtarchiv München, Ratssitzungsprotokolle 746/37.
[31] Vgl. etwa Süddeutsche Zeitung v. 03.03.1970 „Gegen Mietwucher bei Gastarbeitern“.
[32] Münchner Merkur v. 20./21.11.1971.
 

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